„Unsere Forscherinnen und Forscher leisten Hervorragendes in ihrer wissenschaftlichen Arbeit. Sie sind begehrte Forschungspartnerinnen und Forschungspartnerpartner“, sagte Wissenschaftsminister Clemens Hoch. So kooperiert die Johannes Gutenberg-Universität Mainz bei zwei SFBs beispielsweise mit der Goethe-Universität Frankfurt und der Ruprechts-Karls-Universität Heidelberg. Das erkennt die DFG durch die Förderung von drei neuen und der Fortsetzung der Förderung einer weiteren Initiative an. „Die Förderentscheidungen der DFG verdeutlichen einmal mehr, dass eine gezielte Unterstützung der Profilbildung der Hochschulen, ihre überregionale Vernetzung, ihre Stärkung in der Grundlagen- und angewandten Forschung erfolgreich ist und Früchte trägt. Ich gratuliere allen Beteiligten zu diesen großartigen Erfolgen! Die Förderungen der DFG stärken das Forschungsprofil und die nationale und internationale Wettbewerbsposition der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und damit auch das Forschungsland Rheinland-Pfalz.“
Eine wichtige Grundlage für diese Erfolge wird unter anderem durch die langfristige Förderung des universitären Forschungsprofils der Johannes Gutenberg-Universität durch die Forschungsinitiative des Landes gelegt. Die Forschungsinitiative setzt auf ein klares Forschungsprofil der Universität und die Entwicklung ihrer strategischen Ziele im Wettbewerb um herausragende Spitzenforscherinnen und -forscher sowie Fördermittel.
„Die Forschungsinitiative ist ein wichtiger Erfolgskatalysator für die rheinland-pfälzischen Hochschulen. Mit ihr setzen wir wichtige Impulse für deren Profilschärfung und -stärkung sowie für ihre nationale und internationale Sichtbarkeit. Das macht unsere Hochschulen für nationale und internationale Forschungspartnerschaften attraktiv. Mit Zielvereinbarungen bis 2023 sind sie gut aufgestellt. In 2021 unterstützten wir unsere Hochschulen allein über die Forschungsinitiative mit 20 Millionen Euro an zusätzlichen Mitteln“, so der Minister weiter.
Hintergrund
Die DFG ist der wichtigste Drittmittelgeber der rheinland-pfälzischen Universitäten. Ihre Sonderforschungsbereiche (SFB) genießen in der Wissenschaft auf Grund der hohen Qualitätsansprüche höchstes Ansehen. Sonderforschungsbereiche sind auf die Dauer von bis zu zwölf Jahren angelegte Forschungseinrichtungen an Universitäten, in denen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über die Grenzen ihrer jeweiligen Fächer, Institute, Fachbereiche und Fakultäten hinweg im Rahmen eines übergreifenden und wissenschaftlich exzellenten Forschungsprogramms zusammenarbeiten. Sie dienen damit der Struktur- und Profilbildung an den beteiligten Universitäten. In der Programmvariante SFB/Transregio arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus bis zu drei Hochschulen zusammen.
In Rheinland-Pfalz werden gegenwärtig 16 Sonderforschungsbereiche von der DFG gefördert, ab dem 1. Juli 2021 kommen drei neue hinzu. Die folgenden Initiativen profitieren von der DFG-Förderung:
Der Klimawandel ist eines der dringlichsten globalen Probleme unserer Zeit. Dementsprechend sind Klimaprojektionen von großer gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und politischer Bedeutung. Solche Klimaprojektionen hängen stark von der genauen Beschreibung der Atmosphäre im Höhenbereich von 10 km bis 20 km, der oberen Troposphäre und unteren Stratosphäre ab, insbesondere von der Dynamik, der chemischen Zusammensetzung, den Aerosoleigenschaften, Zirruswolken sowie Zirkulationsrückkopplungen. Das Wissen über die heutige globale Verteilung von Schlüsselbestandteilen in diesen Regionen unserer Atmosphäre, die für das Klima relevant sind, wie Wasserdampf, Ozon, Eispartikel und Aerosole, ist überraschend unvollständig. In Anbetracht des fortschreitenden Klimawandels ist ein detailliertes Verständnis des Klimas und insbesondere eine präzise Modellierung der relevanten Prozesse von außerordentlicher Bedeutung. Diese Modelle und darauf basierende Vorhersagen weisen noch gravierende Unsicherheiten auf, die umfassende grundlagenwissenschaftliche Forschung unverzichtbar machen. Diese Lücke möchte der neue Sonderforschungsbereich „Die Tropopausenregion in einer Atmosphäre im Wandel“ schließen, der von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und der Goethe-Universität Frankfurt getragen wird.
Natürliche Ribonukleinsäuren (RNAs) bestehen aus vier Nukleosiden, die in allen Organismen gleich sind. Die vier Nukleoside bilden die Grundlage des genetischen Codes auf der RNA-Ebene, nach denen die Sequenzinformation gespeichert und weitergegeben wird. In der Zelle ist die Situation komplexer, dort können die Nukleoside der RNA chemisch modifiziert werden. Diese Modifikationen verändern die Funktion der RNA, die eine zweite, epigenetische Informationsschicht darstellen, die z. B. für die Entwicklung von Erkrankungen wichtig ist. Die Entschlüsselung des modifizierten Codes, der durch diese modifizierten Nukleoside verkörpert wird, ist derzeit eines der aktuellsten Themen der chemischen Biologie. Der neue Sonderforschungsbereich „RMaP: RNA Modifikation und Prozessierung“, getragen von der Johannes Gutenberg Universität Mainz und der Ruprechts-Karls-Universität Heidelberg hat sich zum Ziel gesetzt, das Zusammenspiel zwischen RNA Modifikationen, Prozessierung und Funktion grundlegend zu erforschen und ein umfassendes Verständnis für diese Prozesse und ihre physiologische Relevanz zu entwickeln. Beispielsweise wurde der Nobelpreis für Chemie 2020 an die Entdeckerinnen der Genschere Crispr/Cas9 vergeben, die auf RNA Sequenzerkennung basiert. Auch der von BioNTech/Pfizer entwickelte Impfstoff gegen COVID-19 basiert auf einer Nukleosid-modifizierten mRNA.
Forscherinnen und Forscher der Johannes Gutenberg-Universität Mainz untersuchen im neuen Sonderforschungsbereich „Humandifferenzierung“ ein grundlegendes kulturelles und soziales Phänomen: dass sich Menschen fortlaufend kategorisierend unterscheiden. Sie tun dies etwa nach Nationalität, Ethnizität, Religion, Alter, Geschlecht, Leistung, sexueller Orientierung usw. Gesellschaften entwickeln hier ihre eigenen Ethnosoziologien, mit denen sie klassifizieren und ihre sozialen Zugehörigkeiten herstellen. Der SFB hat sich das Ziel gesetzt, Differenzierungsformen des Menschen zu vergleichen und zu analysieren, um daraus eine anspruchsvolle kulturwissenschaftliche Theorie zu entwickeln. Damit adressiert er ein gesellschaftlich hochrelevantes und derzeit stark diskutiertes Thema. Teilprojekte erforschen beispielsweise, wie in aktuellen Diskursen um „erfolgreiches Altern“ Humandifferenzierungen nach Alter und Leistung zusammenspielen. Denn einerseits wird hohes Alter im „Best Aging“ positiv stilisiert, andererseits evozieren die betagten Hochleistungserbringer das Gegenbild vom „normalen“ Altern als körperlichem Defizit oder Behinderung. Gesellschaftliche Relevanz hat der SFB, weil sein Thema unmittelbar anschlussfähig an weltgesellschaftliche Gegenwartsfragen ist: Humandifferenzierung hat nicht nur grundsätzlich eine große gesellschaftliche Bedeutung, sie bekommt aktuell auch eine hohe zeitgeschichtliche Virulenz im Zuge von ökonomischen, politischen und kulturellen Globalisierungsprozessen, in denen etwa nationale und religiöse Differenzierungen weltweit revitalisiert werden und Migrationsprozesse ethnische Diversifizierung befördern.
Der Sonderforschungsbereich „Nanodimensionale polymere Therapeutika für die Tumortherapie“ kann seine bereits seit acht Jahren durch die DFG geförderte Forschung zum Einsatz nanopartikulärer Wirkstoffträger (NP) in der Tumor-Immuntherapie für weitere vier Jahre fortsetzen. Neuartige Polymer- und Lipid-basierte NP werden synthetisiert, chemisch charakterisiert und ihre Anwendung in komplexen biologischen Systemen bis hin zum Menschen untersucht. Ziel ist es, das Immunsystem von Tumorpatienten so zu aktivieren, dass Tumore über die körpereigene Immunabwehr erkannt und zerstört werden. Neben einer tumorspezifischen Immunantwort durch Vakzinierung zielt die Forschung insbesondere auf eine Immunreaktivierung unterdrückter Immunreaktionen und eine gezielte Modulation des Tumor-Mikromilieus ab. Da sowohl die Selektivität als auch die Art einer gewünschten Immunantwort kontrollierbar sein müssen, ergeben sich Anforderungen an therapeutische Eingriffe in das Immunsystem, die durch konventionelle kleine Moleküle als Wirkstoffe so nicht erfüllt werden können. Genau hierin liegt das Potenzial nanopartikulärer Wirkstoffträger, denn sie können aufgrund ihrer Struktur Wirkstoffe so einschließen, dass sie vor einer ungezielten Freisetzung oder einer frühzeitigen Zerstörung geschützt werden. Sie ermöglichen so den Einsatz fragiler Wirkstoffe (z.B. RNA, Immunmodulatoren) und können mehrere Wirkstoffe gleichzeitig transportieren, was für therapeutische Eingriffe in das Immunsystem oft zwingend erforderlich ist. Sie können so angepasst werden, dass sie sich gezielt an bestimmte Strukturen auf Zellen oder Gewebe binden und nur dort ihre pharmakologische Wirkung entfalten, sodass ein zielgerichteter Wirkstofftransport ermöglicht wird.