| Polioviren im Abwasser

Polioviren im Abwasser nachgewiesen – Überprüfung der Polioschutz-Impfung empfohlen

Im Abwasser von Mainz und weiteren deutschen Städten wie München, Hamburg, Köln und Bonn wurde genetisches Material von Schluckimpfstoff-abgeleitete Polioviren nachgewiesen. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) gehen die entdeckten Viren auf die Schluckimpfung gegen Kinderlähmung mit abgeschwächten, lebenden Polio-Erregern zurück. Dem Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit liegen bisher keine Erkenntnisse über Polio-Erkrankungs- oder -Verdachtsfälle vor. Auch deutschlandweit sind keine Fälle oder Verdachtsfälle bekannt.

Polioviren sind Auslöser der sogenannten „Kinderlähmung“ und werden vor allem über Schmierinfektionen (Stuhl-Hand-Mund) übertragen. Das Risiko, sich mit Polio zu infizieren, ist trotz des Nachweises im Abwasser auch weiterhin gering. Denn durch Impfkampagnen konnten die Poliofälle weltweit um mehr als 99 Prozent reduziert werden. In Deutschland gilt Polio seit Jahrzehnten als ausgerottet. Grundsätzlich gibt es zwei Impfstoffarten für Polio: Den Lebendimpfstoff zum Schlucken („Schluckimpfung“), der seit 1998 in Deutschland nicht mehr verwendet wird, und einen Totimpfstoff als intramuskuläre Injektion. In außereuropäischen Ländern werden zum Teil weiterhin Polio-Schluckimpfungen verwendet. Bei einer Schluckimpfung können abgeschwächte Impfviren mit dem Stuhl ausgeschieden. Entsprechende vom Schluckimpfstoff-abgeleitete Polioviren Typ 2 wurden nun über das Abwasserfrühwarnsystem festgestellt.

„Die Nachweise von Polioviren im Abwasser zeigen, dass unsere Frühwarnsysteme gut funktionieren. Damit besteht nun die Möglichkeit einer erhöhten Wachsamkeit bei der weiteren Überwachung“, so Gesundheitsminister Clemens Hoch. Beunruhigen müssen uns die Nachweise von Polioviren im Abwasser nicht, denn der allgemein hohe Polioimpfschutz in Rheinland-Pfalz sei gut. In keinem Landkreis liege die Impfquote unter 90 Prozent bei den Einschulkindern. „Jetzt ist die gute Gelegenheit, den Impfschutz grundsätzlich zu prüfen. Wer jetzt seinen Schutz – auch gegen anderer Erreger wie COVID oder Influenza auffrischt schützt sich und andere in der Adventszeit und über die Feiertage“, so der Minister. Die Landesbehörden aller Bundesländer, das RKI und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stehen im engen Austausch; weitere Proben werden derzeit noch untersucht.

Hintergrund:

Poliomyelitis – bekannt als „Polio“ oder „Kinderlähmung“ – ist eine hochansteckende Krankheit. Bei nicht ausreichend immunisierten Menschen kann sie zu dauerhaften Lähmungen führen. Erhält jemand die Schluckimpfung, können sowohl der Impfling selbst als auch Kontaktpersonen - in sehr seltenen Fällen - an sogenannter Impf-Polio erkranken. Die Symptome sind von Polio durch Wildviren nicht zu unterscheiden. Wenn sich die Impfviren in Infizierten fortlaufend vermehren, birgt dies das Risiko, dass der abgeschwächte Erreger sich verändert und das Nervensystem infizieren kann. Vor allem Kleinkinder waren von den Polio-typischen Lähmungen betroffen - meist mit bleibenden Schäden fürs ganze Leben. Eine Therapie gibt es bisher nicht. Verbreitet wird das hochansteckende Virus meist über kontaminierte Hände als sogenannte Schmier- bzw. in der Frühphase als Tröpfcheninfektion, in Ländern mit unzureichendem Hygienestandard auch über verunreinigtes Wasser. Polio gilt aufgrund engagierter Impfkampagnen seit Jahren als weltweit nahezu ausgerottet. Menschen, die vollständig gegen Polio geimpft wurden, sind vor der Erkrankung geschützt, könne aber als Überträger fungieren. In Deutschland werden Babys in der Regel im Alter ab zwei Monaten geimpft.

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